Es ist gut acht Jahre her, als dass sich meine musikalischen Vorlieben komplett verändert haben - sei es beim Hören, beim Spielen, in Sachen Konzertbesuchen, im Verständnis. Lasst es mich so ausdrücken: an einem Tag vor acht Jahren ist meine Fandasein um einiges „schwärzer“ geworden. Da trat mit dem fiesen Liedchen „Mjod“ die Band Kvelertak in mein Leben und hat alles auf den Kopf gestellt. Ich war sofort in den Fängen dieser brutalen Mischung aus klassischen Hardrock-Elementen, Punk, Black- und Death Metal gefangen – und bin ihr bis heute treu geblieben. Keine Band hat mich jemals so geprägt, wie es diese Kombo aus Norwegen getan hat (mal abgesehen von den Großen des Metal-Genres, welche ich seit frühester Jugend anbete).
Kvelertak haben es geschafft, dass ich meine musikalischen Interessen derbe ausgeweitet habe. Weg vom klassischen Hardrock, weg vom Thrash, weg vom Klargesang. Hin zum Blastbeat-Geballere, zum Grunzen, zum Gain-Overkill, hin zum Black und Death. Fragen mich heute Leute, welche Musik ich den eigentlich so gerne höre, lautet meine Antwort: „Ich lasse mich gerne auf Norwegisch anbrüllen, gerne mit lauter Gitarrenuntermalung!“.
Ich hatte die große Freude, eines der ersten Konzerte der Jungs auf deutschem Boden zu sehen und kam sogar in den Genuß, ein kleines Bierchen mit Fronter Erlend zu zischen (mir blieb nur das Bierchen, die Unterhaltung hat meine Frau geführt, denn ich war aus lauter Ehrfurcht zur Salzsäule erstarrt…). Kvelertak waren Vorband im Hafenklang, der Laden war voll bis unters Dach – beim Headliner waren alle weg. Da merkte man, da wächst was Großes heran! Ich habe seitdem kein Konzert ausgelassen und einige Freunde zur Band bekehrt. Meine Wade (Klischeealarm!) ziert ein großes Tattoo der Band. Ich bin schlichtweg ein Fanboy!
Heute schließt sich für mich ein spannendes, spaßiges, nackenbrechendes, lautes, betrunkenes Kapitel: Frontmann (von Leadsänger kann man im Falle Kvelertak nicht sprechen…) Erlend hat die Band verlassen. Aus Gründen und weil isso. Das ist schade und es trifft mich sehr. Witzigerweise haben Kvelertak damals die riesige Lücke gefüllt, welche bei mir durch Hank von Helvete’s Abgang bei Turbonegro entstanden ist. Und deswegen bleibt mir nur zu wünschen, dass Kvelertak den Posten am Mikro sowohl musikalisch als auch menschlich nachbesetzen können. Letzteres ist bei Turbonegro zwar der Fall, aber (und bitte nicht hauen!) qualitativ kam da nix mehr großes. Ich hoffe, dass meiner absoluten Lieblingsband #kvelertak dies erspart bleibt. Alles Gute und takk for musiken, Erlend!
Schnief! Heul!
A perfect Circle – So long, and thanks for all the fish
Siebeneinhalb Millionen Jahre hat es gedauert, bis Deep Thought die Frage nach dem Sinn des Lebens, dem Universum und dem Rest beantwortet hatte. Die Antwort lautete 42. Bekackter Computer, 42, was für eine Antwort ist das bitte? Also alles von vorne, neuer Computer musste her, genannt „Erde“. Leider wurde dieser Computer mit uns drauf kurz vor der allesentscheidenden, sinnstiftenden Antwort durch die Vogonen zerstört. Idioten. Aber wenigstens konnten sich die Delphine mit einem freundlichen „So long, and thanks for all the fish“ retten. Puh.
Wer keine Ahnung, was ich hier gerade in die Tasten hämmere liest „Per Anhalter durch die Galaxis“, alle anderen hören A perfect Circle mit „So long, and thanks for all the fish“und zaubern sich ein fettes Grinsen aufs Gesicht! Keine Panik und das Handtuch nicht vergessen!
Scars on Brodway -Lives
Mit Scars on Brodway ist es nicht anders als mit System of Down - stets fragt man sich, ob da noch was kommt. Und während Fanboys- und Girls (beide im hiesigen Haushalt vorhanden) täglich auf neuen Output seitens SOAD warten, ist Daron Malakian zumindest mit Scars on Brodway fleißig gewesen. Mit „Lives“ haut einem der Gitarrenderwisch typische Kost um die Ohren: galoppierende Riffs, verrückte Licks, ne coole Hook und seine „einzigartige“ Stimme. Läuft bei mir auf Heavyrotation! Kommt da noch was? Hoffentlich!
https://www.youtube.com/watch?v=wsmmQ1EqSIc
THE DEAD DAISIES - Burn it down
Na? Bock auf Headbanging mit Nackenstarre? Haste neue Saiten auf der Luftgitarre? Steht der Verstärker auf Level 11? Sehr gut. Dann viel Spaß mit der neuen Scheibe „Burn it down“ der Dead Daisies!
„Burn it down“ – der Name ist Programm: die Band brennt mit ihrem klassischen Hard Rock und arsch tighten Heavy Metal in knapp 40 Minuten so ziemlich alles nieder, was halbwegs brennbar ist.Was nicht in Flammen aufgeht, ertrinkt wahrscheinlich in einer Lache Bier und Schweiß. Hier trieft Testosteron aus jeder Pore. Die Gitarren hängen auf Höhe Gemächt, Bass und Schießbude haben mehr Rhythmus als ein V8 und über die Stimmbänder ist mehr Jack Daniel’s geflossen, als die Flüsse Tennessees Wasser führen. „Burn it down“ ist kein Kopfhörer-Album, sondern ein Frontalangriff aufs Fressbrett, der laut gehört werden will.
Das einem hier zum Großteil astreine Songs die Gehörgänge frei kloppen, kommt nicht von ungefähr, denn hier sind Profis am Werk. Die Referenzliste der ehemaligen und aktuellen Mitglieder der Supergroup um Gründer David Lowy ist ein Who is Who des Rock: John „ich schütte mir Reißzwecken ins Müsli“ Corabi (u.a. Mötley Crüe), Saitenhexer Doug Aldrich (u.a. Whitesnake) und Trommelmonster Brian Tichy (u.a. Foreigner, Billy Idol, Glenn Hughes). Auf die restlichen Bandmitglieder vertrauten bisher Thin Lizzy, Guns n‘ Roses, Ozzy Ousbourne, Velvet Revolver, Slash, Dio und Journey.
„Resurrected“ gibt die Richtung vor: derbe auf die Zwölf! Klassisches Hardrock Songwriting, mit einem verdammt coolen Led-Zep-mäßigen Kashmir Orchester am Ende. Starker Einstieg, den die zweite Nummer „Rise Up“ mit einem coolen, gedropten Riff toppt: So mordern, so trocken, so tight klingt heute kaum eine „jüngere“ Band. Der Song überzeugt besonders durch einen sehr räumlichen, sehr breiten Schlagzeugsound. Fett. Das Highlight des Langspielers kommt mit dem Titeltrack um die Ecke. Ein starkes Bluesriff beamt einen sofort in die Wüste: rein in den Mustang, rauf auf die Straße und raus mit dem Biest – „Sons of Anarchy“-Feeling pur. Mit den Powerchords hält unfassbar cooler Groove Einzug, dazu das beste Riff und die stärkste Gitarrenarbeit der Platte. Bei Minute 3:50 geht ein dreifaches Salut Richtung The Who: fett, fett, fett. Apropos „Sons of Anarchy“: „Judgement Day“ hätte so ziemlich jeder Folge des Rockerepos gut gestanden. Der Mustang rollt und groovt sich über die Route 66, schöne Southern-Rock-Attitude. Knallt! „What goes around“? Das Schlagzeugviech goes around, soviel steht fest. Geiles Getrommel, hammermäßig auf den Punkt! Ballert! Lemmy Kilmister lässt bei es bei „Bitch“ vor Freude Jacky Cola aus dem Jenseits regnen. Krass, wie ähnlich Corabi besonders in den höheren Lagen nach dem Rock n‘ Roll Gott klingt, auch der Refrain geht Motörhead-mäßig ab. Und da is sie ja endlich: die Powerballade.„Set me free“ hat alles, was man von ihr erwarten darf: akustische Gitarren, ausreichend Schmonz im Text, bisschen Moll, getragener Refrain und ein „Slash steht vor der Kirche und reißt die Gibson in die Höhe“-Solo. Klar, eine solche Nummer auf der Platte ist fast schon ein bisschen zu sehr Klischee, aber sie ist dafür auch einfach gut. Perle in den Arm nehmen und Feuerzeug hoch! „Dead and gone“ kommt fast im Livegewand auf die Ohren, dazu passt der „Yeah come on Yeah“ Refrain. Das Ding wird auf jeder Bühne zünden. Auch hier ist der Schlagzeugsound zum Niederknien. Echt gut! No fillers, just killers? Nö, leider nicht: „Can’t take it with you“ ist etwas zu brav. Gute Nummer, aber es fehlt ein wenig der Punch. Den haben sich die Dead Daisies für „Leave me alone“ aufgehoben: Wenn hier Rob Halford das Mikro entern würde, hätte keiner was dagegen. Hier trifft Southern Rock auf Judas Priest-Groove – starker Abschluss einer starken Platte.
„Richie, welche drei Platten nimmst Du mit auf eine einsame Insel?“ Diese. Einmal auf Vinyl, auf CD und auf Kassette. Macht drei.
TRIBULATION - Down Below
Es sind die Kleinigkeiten, die das Leben lebenswert machen: eine kühles Blondes, eine geile Frikadelle, alles mit Käse überbackenes (ich merke gerade, dass ich nicht hungrig schreiben sollte…) oder der richtige Song zum richtigen Zeitpunkt. Es sind aber auch eben jene Kleinigkeiten, welche aus einem guten Album ein sehr gutes machen. Und im Falle von Tribulation gibt es auf deren neuem Langspieler „Down Below“ eine Menge davon zu entdecken: hier eine raffinierte Melodie auf dem Klavier oder Xylophon, ein mystischer Chor dort, spannende Instrumentalisierungen mit Glockenspiel, Orgel und Theremin da. Besonders außergewöhnlich sind manche Gitarreneffekte: wo andere todesmetallischen Kapellen Wert auf Zerre und Brutalität legen, setzen Tribulation auf coolen 70er Sound – mal was ganz anderes! Apropos außergewöhnlich: das gesamte Album wird in eine warme Produktion mit Live-Atmosphäre verpackt. Sehr hörenswert!
Außergewöhnlich? Raffiniert? Warm? „Das passt doch so gar nicht zu Death Metal“ möchte die Genre-Polizei der Band zurufen, „Hold my beer..!“ antworten Tribulation und treten mit zehn spitzenmäßigen Songs den Gegenbeweis an. Das passt. Und wie!
Death Metal: Ein Genre, welches Freunden der extremen Musik oft als auserzählt erscheint. Ein Stil, immer schneller, immer lauter, immer aggressiver, aber letztendlich ohne Innovationen, neuen Ideen oder belebenden Elementen: mir fällt es immer wieder schwer, zwischen all den Kloppertruppen Qualität zu finden. Und eben da kommen nun Tribulation ins finstere Spiel, die spätestens seit „The Children of the Night“ dem Death Metal einen dicken Goth und Rock Stempel aufdrücken. Wer derbes Blast-Beat-Geballere und rhythmuszerfetzendes Gitarrengelöte erwartet, ist hier falsch. Death in seinen prägenden Merkmalen ist hier fast nur noch im Corpsepaint und in Johannes Andersssons eiskaltem Fauchen, Zischen und Grollen vorhanden. Manch kompositorische Idee und Melodie würde sogar Ghost‘ Papa Emeritus und seinen Nameless Ghuls gut zum schwarzweiß bemalten Gesicht stehen.
Auf „Down Below“ passt einfach alles perfekt zusammen. Jeder Ton ist da, wo er hin gehört. Jede Nummer wartet mit kleinen Kniffen und Ideen auf. Selbst nach wochenlanger Heavy-Rotation entdecke ich immer wieder neue Überraschungen, welche mir ein fettes Grinsen aufs Gesicht zaubern. So kommt „Lady Death“ mit einem starken Gitarrensolo um die Ecke, welches in der Szene aufgrund seiner Ungewöhnlichkeit in Tonart und Sound fast schon einem Sakrileg gleich kommt. „Purgatorio“ ist ein spannendes, verträumtes Instrumental, welches hervorragend in den Kontext des Albums passt. „Lacrimosa“ und „The World“ sind Highlights der Platte, bieten sie die stärksten Riffs sowie die fettesten Melodien. Einfach schaurig schön! „Here be Dragons“ wirft das Kopfkino an. Man möchte sich die Band im kalten Schweden live vorstellen, ein altes Theater oder eine Kirche dient als Kulisse und es wird einfach nur amtlich abgeliefert. Hammer Sound, hammer Atmosphäre, hammer Aufnahme. „Come, become, to Be“ würde jeder King Diamond Platte gut stehen. Einziger Wehrmutstropfen: zwar legt sich Anderssons Growling passend fies und schaurig über jeden Song, große Abwechslung bietet dies jedoch nicht. Hier ist noch ein bisschen Luft nach oben.
Tribulation begleiten mich mit „The Children of the Night“ seit nunmehr drei Jahren. „Down Below“ ist der für mich erhoffte große Wurf und eine tolle Weiterentwicklung einer starken Band!
VISIGOTH - Conqueror's Oath
Kleines Genrequiz vorab. Ordne bitte folgende Textzeile der schwermetallischen Schublade zu: „Vengeance, guide my hand! Brothers no more, in single combat we stand!“. Handelt es sich a) um Tru… Jaaa, nicht alle auf einmal! Richtig, True Metal. Der Aufruf zum Duell unter Männern in Rüstung (oder Frauen, denn das Plattencover ziert eine zum Kampf bereite Jeanne d’Arc auf gepanzertem Pferd) gehört für Sabaton, Grand Magus und andere Kapellen der einzig wahren metallischen Musik seit jeher zum Grundvokabular.
Auch Visigoth schwingen auf ihrem neuen Langspieler Conqueror’s Oath die Klischee-Peitsche: Schwerter, Bruderschaften, Wolfsrudel, Herz und Stahl beherrschen die Texte. Musikalisch macht die Band aus Salt Lake City (OMG – keine Skandinavier?) nicht vieles anders, als die eben genannten Vertreter der Kunst, aber dafür vieles besser!
Das dies so ist liegt zu großen Teilen an Jake Rodgers am Mikro: Während andere Fronter des Heavy Metals meist durch Theatralik in hohen Tönen auffallen und austauschbar wirken, überrascht Rodgers mit einem tighten Bariton und starkem Timbre, beherrscht aber auch dreckige Passagen spielerisch.
Mit Steel and Silver reiten die Amerikaner zum Auftakt ihres Albums alles nieder. Der Song gibt nicht nur Vorgeschmack auf sieben weitere starke Songs, er beinhaltet DEN Refrain der Platte. Live wird da wohl jedes Horn, jeder Bierbecher und jede Pommesgabel nach oben gereckt. Mitgrölfaktor hoch zehn! Leeland Campana und Jamison Palmer machen die Gitarren zu Streitäxten – großartiges Gezocke mit wahnsinnigem Tempo! Wirkt das Solo des ersten Songs zwar technisch extrem stark, fehlt der ein oder anderen Note doch noch etwas Gefühl – Meckern auf hohem Niveau, denn spätestens bei Warrior Queen hört man jedem Gitarrensolo den hohen Einsatz an Blut, Schweiß und viel Können an. Das Duell beider Äxte inklusive ultraschnellen Doppelläufen in Outlive them all brennt die einzunehmende Burg vollkommen nieder. Erstmals glänzt auch der Bass. Ganz stark!
Mit Hammerforged gibt es ein fettes Groovemonster auf die Ohren. Rodgers Minnegesang legt sich, mit eben besagtem starkem Timbre, episch über seine blutdürstende Ritterhorde an den Instrumenten. Hab ich noch ein Schwert im Schrank und kurz Zeit, in die Schlacht zu reiten? Zumindest der Refrain lädt mich dazu ein. Definitiv ein Highlight der Scheibe! Mit den Singlenotes zum Ende halten die 80er Einzug. Echt fett!
Mehr Hall! Kriegen die Jungs hin. Traitors Gate schlägt zum Beginn ruhige Töne an und startet mit der Geschichte eines verratenen Kämpfers. Spannungsgeladener Auftakt einer starken Heavy-Metal Nummer, welche klar macht, wie eingespielt die Combo ist. Hier stimmt alles: die Doublebass-Drum kloppt alle gegnerischen Truppen um, Matt Brothertons Bassspiel liefert dem Song eine starke Basis. Es darf geheadbangt werden.
SaltCity rotzt. Hier zeigt Jake Rodgers, dass er auch locker in jeder Retrorock Truppe gut aufgehoben wäre. Er traut sich sogar ein „Yeah“ und „1, 2, 3,4“. Ich wäre enttäuscht, wenn die Mannen während ihrer Konzerte bei der Nummer keine Thin Lizzy Flagge schwingen. Der Song schreit nach Phil Lynott. The Knights are back in town. Gelungene kleine Abwechslung mit schmuckem Bassintro. Blades in the night ist eine kleine Delle in der Rüstung. Bisschen schwach auf der Brust, tut aber keinem weh.
Der Namensgeber der Platte bildet den epischen Abschluss eines starken Langspielers: sollte noch ein Gegner stehen, wird er jetzt mit allem was die Band ausmacht, niedergemacht. Beste Gitarrenarbeit der Scheibe, besonders der Effektwechsel im ersten Solo lässt jedem Sechs-Saiten-Aficionado das Herz höher schlagen.
Einziges Minus der Platte: etwas mehr Bass hätte den Songs im Endmix gut getan. Dennoch besticht Conqueror’s Oath besonders durch die fette Produktion. Die acht Songs werden mich lange begleiten!